Ein Sommertag strahlt sein Licht durch einen dichten Blütendschungel. Dicke Hecken werfen Schatten, topiary-mäßig geschnitten und gestutzt. Teils unkonventionell kombinierte Blumenbeete drängen sich dazwischen. Ein Eldorado üppig wuchernder Flora lockt Vögel, Schmetterlinge und andere Kleintiere in ihren Bann. Summend, flatternd und brummend bezirzen sie den vom Duft betörten Besucher auf seinem Rundgang durch die farbenstrotzende Pflanzenpracht, wo auch ein Päuschen auf der Gartenbank Genuss verspricht.
In Great Dixter prägt Chefgärtner Fergus Garrett mit ausgefallenen Methoden neue Trends der Bepflanzungskunst. Im Nichtvertrauten das Schöne erkennen, so lautet sein Motto. Und damit setzt er das Erbe seines Mentors fort, Christopher Lloyd, dem 2006 verstorbenen Gründer der Anlage. Christopher Lloyd studierte Gartenbau und zählte zu den bekanntesten englischen Garten- und Pflanzenspezialisten unserer Zeit.
Das architektonische Grundgerüst Great Dixters wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts von Sir Edwin L. Lutyens (1869-1944), einem Architekten der englischen Arts- and Craftsbewegung, gestaltet. Lutyens entwarf für den Besitzer des aus dem 15. Jahrhundert stammenden Hauses im Tudorstil einen formalen Garten, der sich, ähnlich wie die Gärten der englischen Renaissance, abwechs-lungsreich in verschiedene Einzelräume unterteilt. Der Sohn des Gartenbesitzers, Christopher Lloyd, verbesserte und perfektionierte den Garten kontinuierlich bis zu seinem Tod im Jahre 2006, ohne die gestalterischen Ziele Lutyens aus den Augen zu verlieren: Eine neue, ehrfürchtige Haltung gegenüber der Natur, sowie die handwerklichen und architektonischen Traditionen des Landes.
Obwohl der eingefleischte Junggeselle sowohl seiner Gärtnerei als auch fremden Meinungen gegenüber offenbar selbstherrliche Tendenzen an den Tag legte, scharte er einen großen Freundeskreis um sich herum. Dank deren Verwaltung der experimentelle Blumenpark heute nicht nur als bedeutender Ort der Arts- and Craft-Bewegung bekannt ist, sondern auch als Ausbildungsstätte für junge Nachwuchsgärtner.
Als „Christo“, wie er im Freundeskreis genannt wurde, starb, vertraute er nach 15 Jahren harmonischer Zusammenarbeit seinem Chefgärtner Fergus Garrett die Obhut über deren zum Schluss gemeinsam gestaltete Pflanzenpracht an. Fergus stellte klar: Sollte ihm der Garten nichts mehr bedeuten oder sich dort etwas zum Schlechteren verändern, würde er ihn sofort verlassen. Und Christo gab ihm grünes Licht.
Die wichtigsten Gartenpartien Great Dixters sind der Senkgarten und der Wall Garden. Im Zentrum des mit Hecken, Mauern und Gebäuden umschlossenen Senkgarten liegt ein Becken mit Wasserpflanzen. Üppige Blumenbeete gruppieren sich um diesen gestalterischen Mittelpunkt, der wohl zu den schönsten Eindrücken in Great Dixter zählt. Der Wall Garden, ein von einer Mauer umschlossener kleiner Gartenteil, der erst in den 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts unter der Leitung von Christopher Lloyd in den heutigen Zustand versetzt wurde, schließt sich dem Senkgarten an. Ein Pflastermotiv bildet den Boden, auf dem verschiedene Topfpflanzen immer wieder neu und je nach Blühaspekt arrangiert werden können.
Für die natur- und traditionsbewussten Briten ist die Liebe zum Garten Lebensart. Sei es als gelungenes Zusammenspiel zwischen Form und Chaos oder Architektur und Natur. Gartenkunst genießt in Großbritannien hohen Stellenwert. Und Great Dixter Garden ist ein faszinierendes Beispiel dafür.
Text und Foto: POSITIV-MEDIEN (gbk-Zimmer * Waldemar Herzog)
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